NEPAL

 OKTOBER/NOVEMBER 2003

ANNAPURNA BASE CAMP / HIDDEN VALLEY

 

Reisebericht

Teil 2: Hidden Valley

 

Am späten Nachmittag des 05.11.2003 war ich wieder zurück in Pokhara. Allerdings gab es in meiner Tranquility Lodge dieses Mal keinen Platz mehr und so musste ich in die schräg gegenüber liegende “Butterfly Lodge” umziehen. Für den nächsten Tag galt es hauptsächlich “Packarbeiten” zu erledigen: auspacken, umpacken, einpacken ! Daneben einige Sachen waschen lassen, Emails abrufen, Akkus der Digicam laden und das Rückflugticket Jomsom-Pokhara kaufen.

 

                                                     Die gesamte Ausrüstung für Teil 2 ausgebreitet

Der zweite Trekkingteil unterscheidet sich in einem wesentlichen Punkt vom ersten Trek zum ABC: es ist kein Lodgetrekking, sondern eine Tour im “Expeditionsstil”, d.h. auf dem Weg zu meinem Zielgebiet, dem Hidden Valley, gibt es keinerlei Infrastruktureinrichtungen, also keine Lodges, einfach nix ! Das bedeutet, das ich alles selbst mitnehmen muss, was für einen 10-tägigen Aufenthalt im Himalaya benötigt wird: neben den “üblichen” Trekkingsachen auch ein Zelt, Kocher, Kochtopf, Lebensmittel, Schalenschuhe, Steigeisen etc. Das summierte sich zu einem Startgewicht des Rucksackes von ca. 25 kg.

Zu den Vorbereitungen in Pokhara gehört es, meine Brennstoffflasche mit bleifreiem Benzin betanken zu lassen.

 
 

                                                                               Beim Tanken

Am Freitag den 07.11.2003 begann der zweite Trekkingteil mit einem Flug von Pokhara nach Jomsom (2710 m). An diesem Tag musste ich nur bis in den nächsten Ort, Marpha (2670 m), welcher eine gute Gehstunde entfernt von Jomsom im Kali-Gandaki liegt gehen.

  

                                                                         Flugzeug nach Jomsom

Auf den ebenen Passagen des Weges spürte die das Rucksackgewicht gar nicht so sehr. Doch bei der kleinsten Steigung merkt man sehr schnell, wie der Rucksack zu schnellerer Atmung und langsameren Schritten zwingt. Marpha ist die letzte Ortschaft auf dem Weg zum Hidden Valley. Der Weg geht von Marpha bis zum Dhampus-Pass (5250 m) zügig aufwärts. Dies ist auch der Grund, weshalb für diese Tour es unbedingt notwendig ist, sich vorher bestens zu akklimatisieren, da hier sonst (zu) schnell Höhen erreicht werden, in denen akute Gesundheitsgefahr (Höhenkrankheit, AMS) besteht.

Am nächsten Morgen wurde es nach dem Frühstück in der Lodge endlich ernst. Der Weg führt von der Ortsmitte in Marpha stetig steigend, einen staubigen, aber gut gangbaren Weg aufwärts, zunächst bis zu einem schon vom Ort sichtbaren Chorten (2840 m).

  

                                                                   Blick vom Chorten nach Marpha

Der Weiterweg zieht sich am Hang entlang, um dann in dem sich öffnenden Kessel westwärts in vielen Serpentinen aufwärts zu führen. Es ging gefühlsmässig sehr langsam, aber stetig ohne Unterbrechungen hoch, bis ich nach 1,5 Stunden eine Stelle erreichte, wo neben dem Weg ein kleines Bächlein fliesst (Wasserstelle, 3315 m). Hier rastete ich etwas. Als ich den Rucksack abgesetzt hatte merkte ich, das der Bereich zwischen Hinterteil und Rückenende höllisch weh tat. Nur warum ? Also versuchte ich beim Weiterlaufen die Rucksackposition zu verändern. Ohne Erfolg. 25 kg lassen sich nun nicht einfach irgendwie anders verteilen. Das meiste Gewicht wird durch den Hüftgurt aufgefangen, daher wird dieser “angeknallt”, wie sollte ich da etwas ändern ?. Ich fand dann einfach keinen Gehrhythmus mehr, hatte Bedenken bei einer falschen Bewegung alles noch zu verschlimmern.

Die nächste Pause machte ich an einer Stelle, wo der Weg an der oberen Kante des erklommenen Kessels sich wieder nach Westen neigt und einen freien Blick ins Kali-Gandaki Tal ermöglicht (3565 m).

                                                                                      

                                     Blick ins Kali Ghandaki Tal                        Blick ins Hochtal mit Alubari und Weiterweg

Etwas weiter oberhalb zeigt sich zum ersten Mal ein weites Hochtal, in dem auch Alubari, mein Tagesziel liegt. Mit dem Rücken ging es wieder besser. Leider stieg ich etwas zu hoch auf und musste dann am Hang wieder weglos absteigen, was mit dem Rucksack nicht so lustig ist, da jeder Schritt gut ausbalanciert sein muss. Kurz vor 12 Uhr erreichte ich Alubari (3750 m). Dieser Platz besteht aus ausgedehnten, terrassenförmig angelegten Flächen, auf denen gezeltet werden kann. Es gibt mehrere Wasserläufe womit die Wasserversorgung hier sichergestellt ist. Ich suchte einen Platz für mein Zelt, etwas  auf der windabgewandten Seite eines Hügels. Ausser mir war niemand hier. Dummerweise habe ich das Zelt etwas schräg am Hang aufgestellt, was sich später noch rächen sollte. Zunächst konnte ich noch etwas im Freien sitzen, später am Nachmittag ging ich daran, mir mein Abendessen zu kochen. Während das Frühstück aus 50 g Brot und 50 g Erdnusscreme bestand und es tagsüber 5 verschiedene Müsliriegel gab, so kredenzte ich mir jeden Abend eine warme Mahlzeit. Diese bestand aus verschiedenen Fertiggerichten, z.B. Emmentaler Makkaroni oder Nudeln Barbeque Style (natürlich nicht mit einer von Boccuse zubereiteten Mahlzeit zu vergleichen !).

                                                                                        

     Alubari mit Nilgiris im Hintergrund             Berge Richtung Thorong La von Alubari          Yakawakang u. Khatung Kang beim SU

Um kurz vor 18 h wird es dunkel und ab da heisst es ab in den Schlafsack. Leider hatte, wie ich schon schrieb, meine Schlafposition einen entscheidenden Nachteil: sie war nicht eben ! Somit wurde, wenn ich auf einer Seite lag, mein Abrutschen nur dadurch begrenzt, das der Rucksack im Vorzelt mich aufhielt. Lag ich auf der anderen Seite hangaufwärts, war die Position ebenso unbequem. Das führte schließlich dazu, das ich in dieser Nacht nur sehr bedingt Schlaf fand.

Vielleicht lag es an der miesen Nacht. Aber der nächste Tag war trotz strahlend sonnigem Morgen nicht “mein Tag”. Die Etappe war verhältnismässig kurz. Ich wollte weiter aufsteigen, bis zum nächsten Zeltplatz nach Yak Kharka (4170 m). Leider erwischte ich auch hier nicht den korrekten Weg und stieg zu weit links (südlich) am Hang auf. Hier war überhaupt kein Weg und dementsprechend mühselig kämpfte ich mich nach oben. Oft musste ich schon nach wenigen Metern stehenbleiben, durchatmen, versuchen einen gangbaren Pfad durch die verkrüppelten Latschen zu finden. Das ist wesentlich anstrengender, als einem vorgegebenen Weg einfach nur zu folgen. Weiter oben kreuzte ich den Hang wieder nach Norden und erreichte eine Steinhütte. Auf den Steinplatten vor der Hütte sank ich erschöpft nieder und blieb fast eine Stunde in der Sonne dösend liegen. Von hier war es nun nicht mehr weit bis zum Zeltplatz in Yak Kharka. Auch hier konnte ich mir den besten Platz aussuchen, da auch hier niemand ausser mir war.

                                                                                      

             Steinhütte bei Yak Kharka                    Die Nilgiris am späten Nachmittag   Nilgiri North und Central beim Sonnenuntergang

In dieser Nacht schlief ich lang und gut. Am nächsten Morgen ließ ich mich im Zelt von der Sonne, die kurz nach 7 h auf das Zelt schien, wecken. Da es frühmorgens bei Windstille und Sonnenschein bereits sehr angenehm ist, frühstückte ich bei offenem Zelteingang. An diesem Tag plante ich einen weiteren Akklimatisationstag einzulegen. Das bedeutete, dass ich mein Zelt stehen ließ und einen Tagesausflug mit wenig Gepäck unternahm.

                                                                                    

         Bachlauf früh bei Yak Kharka                          Yak Kharka von oben                        Weg von Yak Kharka aufwärts

Dabei folgte ich dem Weiterweg Richtung Dhampus Pass. Zunächst erreicht man einen ersten Grat (4370 m) an einer Stelle bei einem großen Felsblock. Der Weg zieht sich von hier den Grat entlang nach oben, bevor dieser leicht links haltend (südwestlich) in eine Art Hochtal führt. Von hier zeigt sich ein noch höher verlaufender Grat, der nun angesteuert wird. Man erreicht diesen Grat bei einem Steinmann (4650 m), den man bereits von weiter unten erkennen kann. Nach wenigen Schritten, bei einem größeren Felsen, ergibt sich zum ersten Mal ein grandioser Blick hinüber zum Dhaulagiri und zum Tukche Peak.

                                                                                      

     Blick zum Dhaulagiri und Tukche Peak             Weg am Schutthang aufwärts               Blick ins Kali Ghandaki Tal mit Jomsom

Nach weiteren ca. 100 Höhenmetern, die an einem Schutthang aufwärts führten, gelangte ich rechts (nordöstlich) des Weges zu einem etwas versteckten Platz hinter dem eigentlichen Schutthang. Dort gab es auf der sonnenabgewandten Seite noch Schneereste und mehrere kleine Flächen, die das Aufstellen eines kleinen Zeltes erlauben würden. Außerdem war dieser Platz etwas ausserhalb der Hauptwindrichtung. Diesen Platz reservierte ich mir bereits gedanklich für den nächsten Tag, da ich mit Gepäck hierher zurückkehren wollte.

Ich kehrte dann auf den Hauptweg am Schutthang zurück und stieg weiter aufwärts. Man passiert einen grossen Steinhaufen und bald darauf wird der Punkt erreicht, von wo aus ein erster ungehinderter Blick ins Tal hinein zum Dhampus Pass (der Pass selbst ist nicht sichtbar !) möglich ist. Hier auf 4870 m rastete ich und genoss den fantastischen Ausblick bei fast Windstille. Es lag sehr wenig Schnee in diesem Bereich, sodas ich davon ausging, keine größeren Probleme auf dem Weiterweg bis zum Dhampus Pass zu bekommen. Ohne Gepäck soll der Pass von hier aus in 3 Stunden erreichbar sein.

 

                                                     Blick ins Hochtal mit Weiterweg Richtung Dhampus Pass

Der Abstieg zurück nach Yak Kharka ging sehr schnell. In 40 Minuten war ich wieder bei meinem Zelt. Nachmittags gesellte sich eine große deutsche Trekkinggruppe zu dem Zeltplatz. Diese kam vom Dhaulagiri Circuit. Zunächst waren jedoch nur die Träger zu sehen. Die deutschen Trekker bekam ich fast nicht zu Gesicht, da diese relativ spät ankamen, als es bereits stürmte und entsprechend kalt war und ich mich in mein Zelt und meinen Schlafsack verkrochen hatte. Mit der Ruhe an diesem Zeltplatz war es in der kommenden Nacht aber dadurch bedingt vorbei.

Am nächsten Morgen war es, eigentlich ungewöhnlich, schon nicht ganz wolkenlos. Um beim weiteren Aufstieg Gewicht zu sparen ersann ich zwei Möglichkeiten: die Erste war, den bis dato angefallenen Müll und eine Tagesration an Lebensmitteln hier bei dem Camp zu deponieren. Da ich sowieso den selben Weg wieder zurückgehen musste, wäre es überflüssig, nicht notwendige Dinge mit nach oben zu schleppen. Also packte ich alles in eine Plastiktüte und diese in eine Jutetasche und versteckte diese unter einigen Steinen ca. 50 Meter vom Lager entfernt. Die zweite Möglichkeit war, die Schuhe zu wechseln und anstatt in den Salomon Trekkingschuhen zu gehen, die Schalenschuhe auszupacken. Damit sparte ich 2 kg ! Allerdings “erkaufte” ich mir die Gewichtsersparnis mit Blasen an den Füssen, denn bereits nach einer halben Stunde spürte ich Druckstellen an den Fersen. Klassisches Fersengeld !!

Wie geplant ging ich an diesem Tag den Weg, den ich bereits am Vortag gegangen war, bis zu dem von mir entdeckten Zeltplatz. Hier war ich auch wieder allein. Ich bemühte zunächst die medizinische Abteilung zur Verarztung meiner Blasen. Danach zog ich mein warmes Gericht vom Abendessen vor und kochte. Dies dauerte, da ich zunächst Schnee schmelzen musste, entsprechend länger. Da ich aber in Yak Kharka meinen Brenner noch repariert hatte (MSR XGK II, Dichtung an der Pumpdüse), feuerte er jetzt wieder kräftig. Es war bereits kurz nach Mittag bewölkt und Wind kam auch auf. Eigentlich bleibt nur ein akzeptabler Aufenthaltsort: der Schlafsack ! Ein bisschen Graupelkörner tröpfelten auf die Zeltplane, als ich mein Tagebuch schrieb. Nichts beunruhigendes. Ich plante die Etappe für den nächsten Tag. Da wollte ich bis Kalopani gehen, welches ca. 1 Stunde vor dem Dhampus Pass liegt. Dort sollte es auch einen Zeltplatz mit Wasserversorgung geben. Daneben beschloss ich, die Schalenschuhe wieder im Rucksack verschwinden zu lassen und lieber wieder mehr Gewicht zu schleppen, dafür aber in bequemen Schuhen zu gehen.

Ab ca. 16 h wurde das Graupeln heftiger, einhergehend mit kräftigen Windböen. Ich überlegte, ob ich mir zum Teekochen noch Schnee besorgen sollte ? Da mit jedem öffnen des Zeltes und hinausgehen auch Graupelkörner und damit Feuchtigkeit ins Zeltinnere getragen wird, fällt die Entscheidung nicht so leicht. Ich entschied mich dann doch dafür hinauszugehen. Der Schnee, der Mittags noch leicht angetaut einfach zusammenzukratzen war, war mittlerweile wieder hart gefroren. So musste ich kräftig mit dem Topfdeckel schürfen und mehrmals hin und her laufen, um den Kochtopf mit Schnee und Eis zu füllen.

 
 

                                                                   Brenner und Kochtopf im Vorzelt

Da ich nicht mit Graupelwetter gerechnet hatte, befestigte ich zwar die Heringe mit Steinen, jedoch konnten die Graupelkörner ins Vorzelt durch den Wind getragen werden, dort wo auch mein Rucksack und der Brenner samt Kochzubehör lag. Als es dann um ca. 18 h finster war und ich darauf wartete, dass sich der Sturm und das Graupeln langsam beruhigen würde, geschah mehr und mehr das Gegenteil. Der Wind wurde immer heftiger, das Prasseln der Graupelkörner auf die Zeltplane immer lauter. An Schlaf war selbstverständlich unter diesen Umständen nicht zu denken. Ab und zu richtete ich mich im Schlafsack auf, nahm die Stirnlampe und leuchtete ins Vorzelt. Mehr und mehr war dort alles weiss und alle Gegenstände nurmehr zu erahnen.

                                                                                      

                               Vorzelt am Nachmittag mit Graupel                            Vorzelt am nächsten Morgen

Der Graupel schien dann mehr in Schneefall überzugehen und der Wind drückte den Schnee zunehmend gegen die äußere Zeltplane. Ich klopfte periodisch immer wieder die Zeltplane ab, was aber dazu führte, das sich rings um das Zelt noch mehr Schnee sammelte. Irgendwann glaubte ich dann einen hellen Lichtblitz bemerkt zu haben. Dann wieder ein Zucken, also doch keine Halluzination. Kein Problem sagte ich mir, tut dir schon nichts. Doch dann kam ein heftiger Donnerschlag dazu. Periodisch sich wiederholend. “Operation Wintergewitter”. Spätestens da fühlte ich mich reichlich “unkomfortabel” und ich wünschte mir, nicht mehr in einem Zelt allein in fast 4800 Meter Höhe zu liegen. Gedanken an den von einem Blitzschlag am Manaslu erschlagenen Friedl Mutschlechner, an die Tragödie von Kurt Diemberger am K2 oder die Schneekatastrophe im November 1995 in Pangka (wo eine ganze Trekkinggruppe nach heftigsten Neuschneefällen von einer Lawine verschüttet worden ist) durchzuckten meinen Kopf. Was machen ? Alles zusammenpacken, nachts absteigen, zumindest bis zu der Gruppe nach Yak Kharka ? Oder doch abwarten, zumindest bis zum Tagesanbruch, bis ich bei Tageslicht die Situation besser einschätzen könnte, wohlwissend, dass dann noch mehr Schnee liegen würde ? Ich zwang mich wach zu bleiben. Ich überlegte wo die Allwetterhose und die Gamaschen im Rucksack sind. In welcher Reihenfolge ich was anziehen würde. Wie ich im Schneesturm alles packen würde. Oder einfach das Zelt stehenlassen ? Wie wohl der Abstieg verlaufen würde. Ich hatte jegliche Vorstellung darüber verloren, wieviel es mittlerweile geschneit haben könnte. Ca. um 4 Uhr morgens lies der Schneesturm nach. Da schlief ich dann für ca. 2 Stunden ein.

Um ca. 7 h zog ich mich dann nach dem vorbereiteten System an. Als ich mir die Trekkinghose anzog, ratsch, Reißverschluss kaputt. Das passte. Dann raus aus dem Zelt, um die “Bescherung” anzusehen. Zum Hang hin eine einzige weisse Fläche. Zur Gratkante guckten die Steine heraus, da dort der Sturm alles frei geblasen hatte. Um das Zelt herum ca. 30-50 cm Schnee. Die Sonne schien. Richtung Yak Kharka und Tal hielten sich jedoch Wolken.

                                                                                    

             Eingeschneit                                      Mein Zelt am Morgen danach                            Arktische Landschaft

Hatte ich eine Wahl was zu tun ist ? Eigentlich nicht ! Der viele Schnee würde auch in einigen Tagen nicht weggetaut sein. Der Weiterweg Richtung Dhampus Pass und damit ins Hidden Valley machte einfach keinen Sinn mehr. Allein mit über 20 kg Gepäck im Tiefschnee. Ohne genaue Kenntnis des Weges, ohne Weg überhaupt. Also gab es nur den einen Weg: zurück ins Tal, nach Marpha !

                                                                                          

         Blick vom Camp hinauf                                 Mein Blick nach dieser Nacht                  Blick hinunter Richtung Yak Kharka

Nur gut, dass ich alles für solche Bedingungen an Ausrüstung dabei hatte. Das Packen der übrigen Sachen ging rasch. Dann hieß es den Rückmarsch antreten.

                                                                       Abschiedsgeste im Schnee

Ein Vorteil war es, dass ich mir den Weg beim Hochgehen eingeprägt hatte. Davon war aber leider nichts mehr zu sehen. Da es zum Teil zu heftigen Schneeverfrachtungen bzw. -ansammlungen gekommen war, konnte ich nicht direkt so absteigen, wie ich heraufgekommen war. Ich suchte mir immer eine Linie im Gelände, die nicht zu steil und wo der Schnee auch nicht zu tief war. Trotzdem sank ich öfters bis zum Knie ein. Problematisch war der Untergrund, da ich nie wusste, ob nicht ein glatter Stein unter dem Schnee sein würde, der eine ideale Rutschbahn sein würde, zumal ich mit dem schweren Rucksack nicht wirklich ruckartige Gegenbewegungen ausführen konnte. Froh war ich, als ich Yak Kharka erreichte.

                                                                   Yak Kharka im Schnee beim Abstieg

Da hier eine grössere Gruppe in der vergangenen “Sturmnacht” zeltete, die bereits auf dem Weg nach Marpha war, wusste ich, dass ich ab hier nurmehr einem getrampelten Pfad im Schnee folgen musste. Pflichtbewusst erinnerte ich mich an meine vergrabene Jutetasche mit den Abfällen und den Lebensmitteln. Eine viertel Stunde suchte ich im verschneiten Gelände nach ihr, konnte sie aber einfach nicht mehr aufspüren. Dann machte ich mich an den weiteren Abstieg, der nun wesentlich einfacher war, da ich eine Trampelspur hatte. Die letzten Schneereste zogen sich bis auf ca. 3700 m hinunter. Mit einem letzten Blick zurück ins weite Hochtal mit dem Abstiegsweg machte ich nochmals Rast.

  
   

                                                                   Letzter Blick zurück ins Hochtal

Von da ging ich ohne Pause bis hinunter nach Marpha. Irgendwie beschlich mich ein seltsames Gefühl, als ich in der Neeru Lodge saß, so schnell wieder in die Zivilisation und die Cake & Coke Trekkinggesellschaft zurückgekehrt zu sein. Innerlich war ich aber noch lange nicht wieder zurück.

Ich hatte plötzlich so viel Zeit. 5 ganze Tage zur freien Verfügung. Mein Flug zurück nach Pokhara war schon für Dienstag, den 18.11 gebucht. An diesem Nachmittag in Marpha beschloss ich zunächst nur, am nächsten Tag nach Jomsom zu gehen.

An diesem Morgen auf dem Weg nach Jomsom fühlte ich eine gewisse Leere.

                                                                                    

           Auf dem Weg von Jomsom nach Marpha, südwärts blickend                  Felsformation bei Jomsom

Es gab verschiedene Optionen, die letzten Tage auszufüllen: entweder nach Kagbeni gehen, oder über Muktinath hinauf zum Thorong La, in irgendwelche Seitentäler des Kali Gandhaki Tales, oder von Jomsom hoch Richtung Tilicho Lake. In Jomsom angekommen stieg ich im Trekkers Inn ab. Die Variante für die ich mich noch am ehesten motivieren konnte, war die Sache mit dem Tilicho Lake. Im Jahre 2001 war ich am Tilicho Lake von der Manang Seite und war begeistert. Die Überschreitung von Manang nach Jomsom erfordert in jedem Fall eine Ausrüstung mit Zelt etc., weshalb der Weg nur selten begangen wird und ich es damals auch nicht machen konnte. Da ich jedoch überhaupt keine Infos über den Weg hinauf und auch keine Karte hatte, versuchte ich in Jomsom zunächst Informationen zu sammeln. Das gegenüber der Lodge liegende ACAP Info Office war dabei nicht wirklich sehr hilfreich. Der Mitarbeiter erzählte mir etwas von Passhöhe Mesokantu-La 5400 Meter und das der Weg am Army Camp in Kaisang vorbeikäme. Beide Infos sind definitiv falsch ! Ich fragte auch nach einem Guide oder Porter, der den Weg kennt und mich begleiten könnte. Aber Fehlanzeige. So stellte ich mich schon darauf ein, es am nächsten Tag einfach alleine zu probieren, in Richtung Mesokantu-La zu marschieren und irgendwo zu campen, einen Tagesausflug vom Camp zu machen und am dritten Tag wieder zurückzumarschieren. Ausrüstung und Lebensmittel hatte ich schließlich. Als es bereits dunkel war und ich beim Abendessen saß, kam dann überraschenderweise doch noch ein Einheimischer, der sich als Guide/Porter anbot. Nach Verhandlungen engagierte ich ihn für einen Tag, mich Richtung Mesokantu-La zu einem Camp zu führen und meinen Rucksack zu tragen.

Am nächsten Morgen gingen wir um ca. 8 Uhr los. Der Weg führte über intensiv bewirtschaftete Felder hinauf nach Thini. Der gut ausgebaute staubige Weg führte am Hang entlang aufwärts und knickt an einem markanten Punkt knapp unterhalb von 3000 Metern nach Osten ab. Von dort ist zum ersten Mal das Tal einzusehen, in das der Weg nun führt und an dessen Ende der Mesokantu-La einen Passübergang zum Tilicho-Lake ermöglicht. Man gelangt zu an den Fels angelehnten unbewirtschafteten Steinhütten (ca. 1,5 Stunden ab Jomsom). Mein Guide meinte dann einem “Upper-Way” folgen zu müssen und wir verließen den normalen Weg. Anfangs noch in Ordnung, stolperten wir später mehr oder minder ständig durch stachelige Büsche, da kein Weg mehr vorhanden war. Wie ich beim Hinuntergehen auf dem Normalweg feststellte, war diese Aktion völlig überflüssig, da logischerweise dieselben Höhenmeter erklommen werden müssen und sich beide Varianten weiter oben wieder vereinten. Eine weitere Bestätigung für meine Abneigung mich kritiklos irgendwelchen Guides auszuliefern.

                                                                                      

  Thini und Jomsom beim Aufstieg                    Thini beim Aufstieg zum Tilicho Lake              Weites Tal Richtung Mesokantu-La

Der Weg zieht sich recht lange ins Tal hinein. Auf der anderen Seite des Kali-Gandhaki Tales sind Teile des Weges zum Dhampus Pass zu sehen, aber auch der Dhampus Peak. Man passiert eine Schäferhütte rechts des Weges, quert zwei Bachläufe und gelangt dann zu einem Gebiet namens Yak Kharka. An dessen Ende befindet sich ein Zeltplatz, unschwer an dem umherliegenden Müll zu erkennen. Einige Meter oberhalb gibt es auch eine Wasserrinne zur Versorgung. Es dauerte insgesamt ca. 5 Stunden bis hierher. Meinen Guide zahlte ich aus und schickte ihn zurück nach Jomsom. Zuvor erklärte er mir noch den Weg hoch zum Pass, so gut es mit seinen Englischkenntnissen eben ging.

                                                                                    

                 Yak Kharka Zeltplatz mit Mesokantu-La im Hintergrund     Blick von Yak Kharka zur anderen Kali Ghandaki Seite

Das Wetter war bewölkt und wie ich bei einem nächtlichen “Ausflug” ins Freie feststellte, klarte es auch entgegen den “üblichen Gepflogenheiten” diesmal nachts nicht auf. So war das Wetter am nächsten Morgen nicht ideal geeignet um zum Mesokantu-La hinaufzusteigen, um die tolle Aussicht zu geniessen. Da dies aber mit der Hauptgrund für die Wanderung gewesen wäre, beschloss ich nach kurzer Überlegungszeit den Ausflug ersatzlos zu streichen und noch am selben Tag wieder nach Jomsom abzusteigen. Wie ich später erfuhr, soll der letzte Anstieg zum Pass von dieser Seite sehr steil sein und auch noch teilweise vereist gewesen sein. Vielleicht wäre ich auch überhaupt nicht ganz hinaufgekommen ? Egal, ich hatte eine Entscheidung getroffen.

Ca. eine Gehstunde vor Jomsom legte ich mich, da das Wetter nun doch eine Kehrtwende zum Besseren genommen hatte, zum relaxen in die Sonne auf meine Isomatte.

                                                                     Rast vor Jomsom beim Abstieg

Am frühen Nachmittag war ich nach insgesamt knapp drei Abstiegsstunden wieder zurück in Jomsom. Am Nachmittag verlegte ich meinen Rückflug nach Jomsom um einen Tag nach vorne, sodas ich nun nur noch einen Tag Aufenthalt hier hatte.

An diesem letzten Tag lief ich, mangels anderer Ideen, zum Lunch nach Eklebhatti. Der Rückweg im Kali-Gandhaki Tal war dann ein Kampf gegen Sturm und Staub.

                                                                                        

                 Spiegelung                               Im Kali Ghandaki Tal Richtung Eklebhatti                     “Stimmungsbild”

                                                                                    

                                         Kali Ghandaki Fluss                             Im Staubsturm zurück nach Jomsom

Am nächsten Morgen ging es mit der ersten Maschine von Jomsom zurück nach Pokhara. Zwei relaxte Tage, nur Unterbrochen von einem Aufstieg nach Sarangkot (1592 m), folgten. Am Mittwoch den 19.11 ging des mit dem Greenline-Bus zurück nach Kathmandu. Am Donnerstag war Shopping- und Souvenirkauftag und am Freitag entschwebte ich am frühen Nachmittag wieder aus Nepal, über Bangkok zurück nach Frankfurt.

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